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„Das zweite Halbjahr 2021 bringt den Aufschwung“

Dr. Michael Holstein ist seit Januar 2021 neuer Chefvolkswirt der DZ BANK. Unter seiner Führung entstehen im genossenschaftlichen Spitzeninstitut Analysen und Prognosen zu Konjunktur, Märkten und Emittenten. Für den DZ HYP ImmoBlog gibt er einen Ausblick auf die Immobilienmärkte 2021 und erklärt, warum wir mit einem Aufschwung rechnen dürfen.

Herr Dr. Holstein, die „goldenen Jahre“ der Immobilienwirtschaft scheinen vorbei. Was erwartet die Branche 2021?

Grundsätzlich ist und bleibt der Immobilienmarkt robust. Dennoch kann er sich dem Einfluss der Corona-Pandemie nicht gänzlich entziehen. Letztlich waren jedoch bereits davor differenzierte Entwicklungen in den einzelnen Assetklassen zu beobachten. Dies hat sich im vergangenen Jahr beschleunigt und wird auch 2021 prägend bleiben. Schwierig wird es für den innerstädtischen Einzelhandel, noch schwieriger für die Hotellerie. Beide stehen unter dem langfristigen Einfluss der Digitalisierung, sei es durch das Online-Shopping oder durch den Wegfall von Dienstreisen. Hier wird es eine gewisse Marktbereinigung geben.

 

Anhaltend positiv wird sich der Wohnungsmarkt entwickeln. Die ausgeprägten Mietzuwächse der vergangenen Jahre sind vor dem Hintergrund eines zunehmenden Wohnungsbaus und eines bereits hohen Mietniveaus allerdings nicht zu erwarten. Der Büromarkt ist insgesamt noch sehr stabil mit niedrigen Leerständen. Hier erwarten wir keine durchgreifende Krise, die Nachfrage wird mittelfristig aber sicherlich leicht zurückgehen. Der dafür neben der Wirtschaftskrise verantwortliche dämpfende Effekt von Homeoffice lässt sich aber heute noch kaum quantifizieren.

 

Insgesamt bleibt der Immobilienmarkt für Anleger im Fokus. Die Renditen sind zwar niedrig, im Vergleich zu Alternativen wie Bundesanleihen gleichwohl deutlich attraktiver.

Und mit einer Abkehr der expansiven Geldpolitik der Notenbanken ist demnächst nicht zu rechnen?

Sicherlich nicht. Die EZB hat sich bereits festgelegt, dass sie das Corona-Notprogramm „PEPP“ (Anm.: Pandemic Emergency Purchase Programme) bis ins Jahr 2022 weiterführen wird. Die Zinsen werden sehr lange sehr niedrig bleiben. Aktuell erwarten wir einen ersten vorsichtigen Zinsschritt der EZB nicht vor 2024.

Viele Experten sehen 2021 eine Welle von Insolvenzen auf uns zukommen. Wie schätzen Sie dieses Risiko ein und welche Auswirkungen wären dann für den Immobilienmarkt zu erwarten?

Es stimmt, dass die Unternehmensinsolvenzen zunehmen. Wir rechnen mit einem Plus von etwa 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das könnte sich am Büroimmobilienmarkt auswirken. Wir werden bis zum Sommer auch eine erhöhte Arbeitslosenquote sehen, die den Anstieg der Wohnungsmieten bremsen könnte. Aber zeitgleich sehen wir eine kräftige konjunkturelle Erholung für das zweite Halbjahr 2021.

Ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum in Deutschland liegt für 2021 bei etwa drei Prozent. Was stützt diese optimistische Erwartung?

Zunächst setzen wir auf den Impfstoff. Trotz der anfänglichen Schwierigkeiten mit Blick auf die Impflogistik und vor allem auf die Menge der Impfdosen erwarten wir im Sommer eine deutliche Erholung der Situation. Die Wirtschaft wird aufatmen können. Ein Hinweis dafür ist auch der von uns berechnete Euro-Indikator. Eine Umfrage unter Einkaufsmanagern von Industrieunternehmen hat kürzlich sogar das beste Geschäftsklima seit 2,5 Jahren ergeben. Auch von den Finanzmärkten kamen zuletzt positive Signale. Während die Zinsdifferenz zwischen Kapital- und Geldmarkt weitgehend unverändert blieb, sind die Aktienkurse anhaltend angestiegen. Alles in allem herrscht in vielen Ländern eine Aufbruchsstimmung, die für die Exportnation Deutschland Wachstum bedeuten wird.

Herr Dr. Holstein, vielen Dank für diesen Ausblick.

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