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Die Krux der Immobilienpreisblasen

Wenn Luftschlösser sich auflösen, dann ist der Traum vorbei. Hoffnungen und Wünsche werden begraben und man findet sich auf dem Boden der Tatsachen wieder. Genauso verhält es sich mit Immobilienpreisblasen. Sind diese geplatzt, so können die hohen Erwartungen hinsichtlich der Preisentwicklungen nicht mehr aufrechterhalten werden. Das Haus im Grünen oder die Wohnung im Stadtzentrum spiegelt auf einmal nicht mehr den Wert wieder, den andere (und man selbst) zuvor erwartet hatten. Marktteilnehmer kehren mangels Rendite dem Markt den Rücken, sodass dieser plötzlich nicht mehr von Käufern, sondern von Verkäufern dominiert wird. Immobilien werden angeboten, doch es finden sich kaum Abnehmer. Die Preise stürzen ins Bodenlose.

 

Beim Platzen solcher Blasen verliert das Vermögen an Wert – was auf den ersten Blick nicht unbedingt problematisch ist. Ob das eigene Haus nun 700.000 EUR oder 400.000 EUR Wert ist, ändert grundsätzlich nichts an den täglich anfallenden Einnahmen und Ausgaben. Steigt aufgrund des Konjunktureinbruchs jedoch die Arbeitslosigkeit massiv an, können die Ausgaben (wie z. B. Kreditraten) womöglich nicht mehr bedient werden, weshalb Immobilien veräußert werden müssen. Die Preise sind nun jedoch im Keller, was dazu führen kann, dass die Kredite selbst durch den Verkauf nicht mehr beglichen werden können. Diese müssen nun massenhaft abgeschrieben werden und die Verwerfungen auf dem Immobilienmarkt schwappen vollends auf den Finanzmarkt über. Dies ist aus historischer Sicht eher die Regel. Einer Immobilienmarktkrise folgt meist eine Finanzmarktkrise, sofern diese über Kredite finanziert ist.

 

Immobilienpreisblasen zählen daher zu den gefährlichsten Verwerfungen, denen eine Ökonomie ausgesetzt werden kann, aus drei Gründen: Erstens sind mit Immobilien hohe Investitionen verbunden, die Vermögen für mehrere Jahrzehnte binden. Zweitens verbleibt das Kapital an einem Standort und kann nicht wie Geld, Gold, Aktien oder andere Vermögensgüter (physisch) fortgeschafft werden. Der Wert eines Hauses unterliegt somit äußeren Einflüssen, wie der allgemeinen Standortqualität in der unmittelbaren Nachbarschaft. Drittens zählen Immobilien zur größten Vermögensposition der Haushalte und viele Beschäftigte sind in der Immobilienbranche direkt oder indirekt tätig.

 

Es gab und gibt daher immer wieder Bestrebungen, Immobilienpreisblasen zu identifizieren, um so rechtzeitig auf Fehlentwicklungen reagieren zu können. Doch selbst wenn man dies erfolgreich getan hat, ist ein Ende solcher Preisspiralen nicht gesichert. Es ist schwierig, die Marktteilnehmer von Übertreibungen zu überzeugen, zumal sie hartnäckig an eine Fortsetzung vergangener Preistrends glauben wollen. Man folgt lieber dem Wunsch, als der Wirklichkeit. Denn Investitionen – ob im privaten oder gewerblichen Umfeld – wollen gerechtfertigt sein, das Geschäft muss laufen. Warnende Worte Einzelner verschrecken daher kaum die Herde.

 

Folglich ist es nicht verwunderlich, dass sich die Politik kaum noch auf die rechtzeitige Erkennung von Preisblasen konzentriert. Sie möchte vielmehr die Folgekosten solcher Verwerfungen möglichst gering halten und den Steuerzahler nicht erneut für Rettungsprogramme in Anspruch nehmen. Daher erhöht sie die Haftungsmasse der Marktteilnehmer durch höhere Eigenkapitalanforderungen bei Banken (mit sogenannten makroprudenziellen Maßnahmen) und Kreditnehmern (mit Wohnimmobilienkreditrichtlinien). Dies hat jedoch zur Folge, dass insbesondere Haushalte mit geringem Vermögen weniger Wohneigentum erwerben können, was vom Grundsatz her der Sparsicht der schwäbischen Hausfrau entspricht. Wenn Haushalte über ihren Verhältnissen leben, werden Preisblasen sehr gefährlich und entfalten bei ihrem Zusammenbruch eine enorme zerstörerische Wucht.

 

Laut einer alten wissenschaftlichen Binsenweisheit erkennt man Preisblasen erst dann, wenn sie geplatzt sind. Ansonsten würde es sie nicht geben. Doch auch Luftschlösser entstehen in Euphorie und bleiben für Außenstehende das, was sie sind: Luftschlösser. Mit einer nüchternen Beobachtung des Marktes und einem Quäntchen Bauchgefühl kann man Preisblasen jedoch rechtzeitig auf die Spur kommen. Wer das kaufmännische Vorsichtsprinzip nicht aus den Augen verliert, kann unangenehmen Überraschungen vorbeugen.

 

Zum Weiterlesen

Hiller, Norbert (2014): Zinspolitik ade! Wie man Immobilienpreisblasen dennoch überstehen kann, 94. Jahrgang, Heft 10, S. 748-755

 

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